Ausgangssituation

Für produzierende Unternehmen ist nicht länger nur die Qualität oder der Preis des Produktes das Hauptdifferenzierungsmerkmal im internationalen Wettbewerb, sondern vielmehr die Lieferzeit. Der Abgleich von Kapazitätsangebot und Kapazitätsbedarf zur effizienten Erfüllung der Kundenanforderung ist keine triviale Aufgabe, welche durch ungeplante Abweichungen im Betrieb zusätzlich erschwert wird.

Zur Lösung dieser Optimierungsprobleme existiert eine Vielzahl von heuristischen Verfahren. Diese werden in IT-Lösungen wie Manufacturing Execution Systems (MES) und Advanced Planning and Scheduling (APS) abgebildet. Auf Grund von ungeplanten, kurzfristigen Kapazitätsabweichungen sind kurzfristige Eingriffe in die Produktion unabdingbar. Im Rahmen einer dezentralen Aufgabenverteilung werden ausführende Abteilungen mit Planungs- und Steuerungsaufgaben betraut, um schneller zu agieren. Grundgedanke ist hierbei die höhere Verfügbarkeit von relevanten Informationen durch die Nähe der Mitarbeiter zur Produktion. Der Steuerungscharakter bleibt hierbei allerdings erhalten: Eine Rückführung über die tatsächlichen Auswirkungen der Entscheidungen bleibt aus. Zusätzlich sollen formulierte Reaktionsstrategien dabei helfen, auf bekannte Störungen effizienter zu reagieren.

Trotz umfangreicher Unterstützung durch IT-Systeme, bestehen auf der Ebene der Feinplanung und der letztendlichen Durchführung immer noch hohe manuelle Koordinationsaufwände. Getrieben durch das Internet der Dinge und die im Rahmen zahlreicher Industrie 4.0-Initiativen zunehmende Durchdringung von IT auf dem Shopfloor stellt sich die Frage, inwieweit diese Ansätze zur Reduzierung und Beherrschung der zunehmenden Komplexität in der Produktionssteuerung und auch -regelung geeignet sind. Durch die Erfassung der Rückmeldedaten und den Informationsgewinn durch Data Analytics sollen bessere Planungsentscheidungen ermöglicht werden. An dieser Stelle setzt das Forschungsvorhaben iProd an. Technologisch und theoretisch sind durch die Installation von Sensorik und Identifikationstechnologien der Auftragsfortschritt, Maschinenzustände und der gegenwärtige Materiafluss hochauflösend erfassbar. Die Schwierigkeit liegt zum einen in der Verknüpfung der o.g. häufig heterogenen Daten zu einem Gesamtbild mit dem Zweck der Ableitung von Handlungsempfehlungen. Zum anderen ist – trotz aktueller Entwicklungen von Technologien zur Erfassung, Speicherung und Visualisierung großer Datenmengen – die Reaktionsgeschwindigkeit implementierter Planungs- und Steuerungslösungen stark vom Erkennen und Bewerten von Abweichungen durch die Mitarbeiter limitiert. Hinzukommt, dass bisherige Algorithmen auf eher starren heuristischen Optimierungen und statischen Auswertungen basieren. Auch wenn diese Informationen als Grundlage für Simulationen genutzt werden können, ist die Praxis immer noch weit entfernt von einer lernfähigen Produktionsregelung, welche Abweichungen und Störungen bis zu einem gewissen Umfang selbstständig kompensiert.

Ziel des Vorhabens ist es demnach die vorhandenen Technologien, Architekturen und Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz so auf die Probleme der Produktion anzuwenden, dass die Produktionssteuerung ohne direkte Rückmeldungen zu einer Produktionsregelung mit Rückführung erweitert wird.